Daher weht der Wind oder auch
“Die Frischluftwatschn“
Teil 3
Ballyliffin oder das Match des Jahrhunderts
ut 90 Minuten sind wir nun vom Rathmullan House Hotel, zuerst gen Süden, wenig später aber Richtung Norden gefahren, als wir das finale Ziel unserer Expedition durch Donegal – Linksland erblicken: Ballyliffin. Rund 500 Einwohner zählt das kleine Dorf, das Rory McIlroy als Host für die Irish Open 2018 auserkoren hat. Bevor wir den Ballyliffin Golf Club erreichen heißt es für unseren Bus erst einmal warten, denn auf der engen Zufahrtsstraße wird noch gebaut. Man mag sich gar nicht ausmalen, was hier in ein paar Wochen los sein wird, wenn die hartgesottenen irischen Golffans in fast 6‑stelliger Zahl aufschlagen werden.
Kaum ist die Straße geräumt, sehen wir auch schon das Eingangsschild des gastgebenden Clubs der Irish Open. Nur wenige Meter davon entfernt entdecke ich ein kleines Bed & Breakfast und male mir aus, wie die Gastgeber während der Turnierwoche so viel Geld einnehmen werden, wie normalerweise während der halben Saison. Ich werde aus den Träumen gerissen als Sean vorzeitig stoppt, das obligatorische Gruppenfoto steht an. Kaum ist das Bild im Kasten geht es im großzügigen Clubhaus zum Lunch und wenig später auf die Runde.
© Failture Ireland, HTR (2)
Quasi zur Eingewöhnung steht zuerst der Old Links Platz auf dem Programm. 1972 hat Old Links als erster Platz des Ballyliffin GC’s eröffnet und wurde 1992 unter der Feder des irischen Golfplatzarchitekten Pat Ruddy noch einmal verfeinert. Ruddy ist es übrigens auch, der die Gastfreundschaft seiner Landsleute am besten zusammenzufassen weiß:
„Wenn jemand nach Irland kommt, wird er Teil der Familie. Hier entstehen Freundschaften, die über Jahrzehnte andauern. Wir erkennen einen Besucher und wir schließen ihn in unser Herz. Wir betrachten ihn nicht nur als gut für das Geschäft, sondern wir heißen ihn auch wirklich herzlichen willkommen.“
Wenn man schon ein paar Tage Linksgolf in den Armen und Beinen hat, ist Old Links ein freundlicher, naturbelassener Kurs, der 18 zu absolvierende Bahnen zu einem wirklich angenehmen Zeitvertreib macht. Für Sir Nick Faldo gehört Old Links sogar zu einem der schönsten Linksplätze der Welt, kein Wunder also, dass der 6‑fache Majorsieger im Jahre 2006 unbedingt noch einmal selbst etwas am Layout gebastelt hat.
Beim vorzüglichen Abendessen im Clubhaus trifft unsere internationale Gruppe auf vier amerikanische Kollegen, deren Route sich zufällig mit unserer kreuzt. Zwei von ihnen, Adam und Scott sind genau nach meinem Geschmack. Da sie eine Menge zu erzählen haben und dazu auch noch sehr unterhaltsam sind, vergehen die nächsten Stunden wie im Fluge. Neben den ganzen Golfanekdoten sticht Adam’s Story von seinem neuen Regenschirm heraus. Der hat nämlich GPS, und das erzählt er tatsächlich noch. Den Vorschlag von Rory, ob wir am nächsten Tag bei den Flights nicht etwas durchmischen wollen, nehme ich sofort auf und fordere „Adam Scott“ zu einem Ryder Cup Match heraus. Als mein kongenialer Partner bietet sich Jon aus Kanada an, dessen Golfspiel sich in den letzten Tagen als höchst solide erwiesen hatte.
Für unsere finale Runde in Irland auf dem Glashedy Links (Platz der Irish Open) steht also das Match USA vs CAN/GER an, für Spannung ist auf jeden Fall gesorgt.
Am nächsten Morgen, quasi schon in der wichtigen Konzentrationsphase, werden wir offiziell von Clubmanager John Farren begrüßt. Auch John freut sich schon wie ein Schnitzel auf die Irish Open und betont wie wichtig dieses Turnier für die Region sei. „Das ist nicht nur ein Golfturnier, dieses Event wird die ganze Region voranbringen. Und es ist das Größte, was Donegal seit langer Zeit wiederfahren ist.“ ergänzt er stolz. Stolz bin auch im ersten Moment als mein Drive von Tee 1 Richtung Fairway segelt. Wenig später stelle ich jedoch fest, dass er wohl zu lang und zu gerade war, denn Fairway kann man das Gestrüpp in dem sich mein Ball befindet, beim besten Willen nicht nennen. Auch Jon’s Drive findet nicht das kurze Gras und so verlieren wir gleich mal das erste Loch.
Gespielt wird übrigens Vierball Bestball, bei dem ich Adam Scott eine große Anzahl an Schlägen vorzugeben habe. Als ich ihnen mit ¾ Vorgabe komme, lacht sogar Jon, denn so einen „Blödsinn“ gibt es halt in Amerika und Kanada nicht. Für ein Matchplay (es geht um ein Guiness) unseres Kalibers erweist sich Glashedy Links auf den folgenden Bahnen als echter Glücksgriff. Den tat übrigens auch der Club, als er mit dem schon genannten Pat Ruddy und Partner Tom Craddock das pefekte Duo für das Glashedy Links Design (1997 eröffnet) auswählte. Obwohl der Platz ja noch sehr jung ist, bietet er alle Vorzüge die Linksgolf ausmachen und kann sich nach nur 20 Jahren mit dem besten Plätzen in Irland messen. Das Wetter ist perfekt, das Match eng und die Vorstellung, dass sich Rory McIlroy und Co. hier in ein paar Wochen die Zähne ausbeißen werden, gefällt mir irgendwie. Für die Profis wurden an einigen Löchern die Abschläge nämlich so weit nach hinten gebaut, dass man als Amateur dazwischen locker ein Par 3 spielen könnte.
Auch Möglichkeiten für tolle Bilder gibt es jede Menge, und gerade Dank Adam wird ein Großteil davon auf die Speicherkarte gebannt. Ab der siebten Spielbahn verliere ich den Überblick über den Score und frage mich wie wohl der Felsen heißt, der dem Spieler fast an jeder Bahn vom Meer aus ins Auge sticht. Ich beschließe mir diese Frage für später aufzuheben, um auch meinen journalistischen Pflichten nachzukommen. Wie es steht, weiß ich auch an Loch 8 noch nicht, aber laut Jon liegen wir komfortable 2up. Dann fangen Adam und Scott an zu verdoppeln und erklären mir es gäbe einen Score für Front‑, Backnine, die gesamten 18 Loch und was weiß ich noch alles. Mir wird klar, spätestens jetzt bin ich raus. Das ist aber auch egal, denn wir haben jede Menge Spaß. Ein Mix zwischen Trashtalk, Anspannung, High-Fives, Fistpumps und Sportsmanship verleiht unserem Match bis zur 18 die richtige Würze. Dass wir am Ende gewinnen, gerät fast zur Nebensache und an dieser Stelle möchte ich noch einmal sagen: „Adam, Scott and Jon, thanks for a great day and a hell of a match.“ Was wir gewinnen verwundert mich aber dann doch ein wenig. Adam’s Idee von einem Glaspokal, den man für dieses denkwürdige Match anfertigen sollte, wurde leider verworfen. Dafür werde ich in Kenntnis gesetzt, dass sowohl Jon als auch mir nunmehr 3 Pint Guiness (ich will das jetzt hier nicht vorrechnen) als Prämie zustehen.
Während wir von den restlichen internationalen Kollegen für den Sieg über die USA „gefeiert“ werden, neigt sich die Donegal-Linksgolfreise so langsam dem Ende. Wir schaffen jeder immerhin 2 Pints, verabschieden uns und fahren wenig später mit Sean und Rory im Bus Richtung Dublin nach Hause. Während der Fahrt lassen wir unseren Golfausflug in den Norden der „Emerald Isle“ noch einmal Revue passieren und sind uns alle einig – Donegal sieht uns auf jeden Fall wieder.
FAZIT
Die Reise über den Wild Atlantic Way und Donegal war mein insgesamt dritter Aufenthalt in Irland. Wer mich einmal über diese tolle Insel hat reden hören, weiß wie sehr ich sie schätze. Die frische Luft, die Szenerie und die sensationellen Linksgolfplätze machen Irland für einen Golfer zu einem absoluten Pflichtprogramm. Dazu kommt die schon erwähnte Freundlichkeit und Herzlichkeit der Menschen und das wirklich gute Essen. Da Golf ja bekanntlich eine Freiluftsportart ist, bleibt die Frage nach dem Wetter zu klären. Ich bin während meiner drei Aufenthalte jedenfalls noch nie richtig nass geworden und möchte an dieser Stelle nur folgenden Golfspruch zitieren: „Es gibt kein schlechtes Wetter, es gibt nur schlechte Kleidung.“
In diesem Sinne
Cheers
P.S. Wer sich jetzt schon freut und mir schreiben will, ich sei meinen journalistischen Pflichten nicht nachgekommen.…..der Felsen heißt Glashedy Rock, und nach ihm ist der Platz auch benannt. Das hätte ich mir ja auch irgendwie denken können.