Der Fantastic Friday
Erst einmal vorneweg, das war wirklich ein richtiges Spektakel, was die Europäer beim Ryder Cup 2018 da abgeliefert haben. Sogar ein Spezl von mir, der mit Golf wirklich nichts am Hut hat, sprach mich darauf an, was denn da in Paris abgegangen sei. „Das wirkte von der Stimmung her, eher wie Fußballspiel“ bekam ich zu hören und war schon ein wenig stolz, das Golf mit „Gaudi“ und „geile Stimmung“ in einem Atemzug genannt wurde.
Schuld daran, dass der Ryder Cup 2018 den Fans vor Ort und daheim an den Bildschirmen noch lange in Erinnerung bleiben wird sind viele Dinge. Das sensationelle Wetter zum Beispiel, oder auch der perfekte Austragungsort mit dem Le Golf National. Gebaut für ein Großereignis spielte die Location vor den Toren von Paris ihre Stärken aus. Mit der größten je für der Ryder Cup gebauten Tribüne an Tee 1 (man spricht von 5900 (realistisch) — 7000 (etwas übertrieben vielleicht)) Plätzen, auf denen sich ein bunter Multi-Kulti-Mix aus Fans einfand um Stimmung zu machen.
Meine Befürchtung, dass gerade die französischen Zuschauer, ob des Fehlens eines ihrer lokalen Golfheroen, nur mit angezogener Handbremse mit von der Partei sein würden, wurde zum Glück widerlegt. Denn spätestens nachdem die Marseillaise angestimmt wurde, war auch ganz Frankreich auf den Rängen im Ryder Cup Fieber.
„Ich kann mir nicht vorstellen, dass es je einen besseren Ryder Cup geben wird als diesen hier. Der Platz, die Fans, das Setup waren einfach sensationell.“
Jim Furyk
die usa legen vor
Und dann war es auch schon so weit. Freitag früh, 7:55 Uhr, noch wenige Minuten bis die erste Partie des Ryder Cup 2018 an den Start ging. Loch 1 (Par 4) ist pickepacke voll. Auf der Tribüne, davor, daneben, wer jetzt noch keinen Platz hat, hat Pech gehabt. Beim Einschwingen gibt es Olés zu hören. Die Europäer mögen das, die Amis nicht so sehr. Doch damit sollte man als US-Golfbotschafter leben können, gerade weil sich das Publikum sonst wirklich sehr fair verhält. Mit Justin Rose und Jon Rahm sendet Europas Kapitän Thomas Bjørn einen Veteranen und einen Rookie ins Rennen. Sein Pendant auf der US-Seite Jim Furyk tut es ihm mit Brooks Koepka und Tony Finau gleich.
Dass Furyk mit Koepka, dem zweifachen Majorsieger 2018 gleich einmal ein Zeichen will, kann ich verstehen. Aber warum spielt Brooks nicht mit seinem besten Kumpel Dustin Johnson zusammen? Ein Vierball Bestball der „Bash-Brothers“ wäre für Europa auf jeden Fall schwer zu knacken. DJ aber kommt mit Rickie Fowler in Match 2 zum Zuge. Tony Finau hat die Ehre den Ryder Cup zu eröffnen und man kann spüren wie dem sympathischen Amerikaner die Hose flattert. Doch Tony macht seinen Job als Neuling gut, so gut sogar, dass er mit Koepka gleich einmal gewinnt. Verdient hätte dieses tolle Match eigentlich ein Unentschieden.
Da sich Jon Rahm (Bunker) und Justin Rose (Annäherung ins Wasser) aber an der 18 dazu entscheiden, in jeglicher Hinsicht totalen Blödsinn zu spielen, geht es mit 1up an die USA. Rory McIlory und Thorbjørn Olesen sind das zweite Team für Europa und werden mit großen Jubel begrüßt. Nach gut 4 Stunden aber jubeln erneut die Amerikaner. DJ und Rickie sind zu gut für den verhalten spielenden Nordiren und seinen noch etwas nervös agierenden dänischen Kollegen. 4&2 geht das Match verloren, die USA führt mit 2:0. Und wenig später sogar mit 3:0 da sich Jordan Spieth und Justin Thomas in einem spannenden Match gegen Paul Casey und Tyrrell Hatton durchsetzen. Bereits nach 7 Bahnen liegen Spieth/Thomas 3up, verlieren aber Bahn 11–13 und sehen sich an der 18 einem guten Birdieversuch von Hatton zum Teilen des Matches gegenüber. Der Druck auf dem „Rookie“ lastet schwer, die Zuschauer sind gespannt, man könnte eine Stecknadel fallen hören. Tyrrell Hatton vergibt, ein Raunen geht durch die Fans. Der Engländer ist enttäuscht und man kann sein Zähneknirschen fast hören als er den Gewinnern die Hand gibt, aber so ist das nun mal beim Ryder Cup.
Seven days ago… pic.twitter.com/uZORvPsOp1
— Ryder Cup Europe (@RyderCupEurope) 5. Oktober 2018
Ein Dreamteam wird geboren
Ich reibe mir die Augen und schaue aufs Leaderboard. Drei mal Rot leuchtet da auf, eine Farbe die man als Europäer in dieser Woche nicht sehen will. Und es kommt anscheinend noch dicker. Tiger Woods und Patrick Reed haben ihr Match gegen Francesco Molinari und Tommy Fleetwood gedreht und liegen nach 10 Loch 2up. Ein „Whitewash“ (4:0) zum Start wäre denkbar schlecht für Europa.
Zum Glück ist dies der Anfang von der wunderbaren Geschichte über das neue Dreamteam Europas. Molinari- Fleetwood, oder kurz Moliwood sind die Sensation dieses Kontinentalvergleiches. Mit seinen beiden Birdies an 11 und 12 gleicht Francesco das Match wieder aus. Tommy bringt Europa wenig später mit Birdies auf 15 und 16 in Führung, ehe der Italiener an der 17 den Deckel draufmacht. Der Jubel ist grenzenlos und wirklich auf dem ganzen Le Golf National zu hören.
Anstatt mit 4:0 eine Startklatsche zu bekommen, haben Moliwood ein 1:3 erkämpft und werden gefeiert als hätten sie so eben schon den Ryder Cup entschieden. Und so komisch das auch klingen mag, ein ganz bisschen war das auch so.
Klassischer Vierer to Desaster für die USA
Thomas Bjørn sah nach dem Auftakt natürlich nicht glücklich aus und schaute also drein wie immer. Für den Nachmittag und den klassischen Vierern hatte der Däne jedenfalls mächtig durchgemischt. Mit Henrik Stenson und Justin Rose bot er zum Start sein Topteam auf. Der „Postbote“ Ian Poulter sollte Rory McIlroy in der nächsten Partie in Schwung bringen. Sergio Garcia und Open de France Champion Alex Noren folgten auf der 3 und die Moliwoods als krönender Abschluss auf der 4.
Ein Stirnrunzeln löste Jim Furyks Aufgebot für die Stars & Stripes aus. Der von mir schon früher erwartete erste Auftritt von Bryson DeChambeau fand an der Seite von Good Old Philly Mick Mickelson statt. Kurze Frage: Was sollte das denn bitte? Fehlschläge vom Abschlag sind bei einem klassischen Vierer tödlich und Jim Furyk stellt mit Mickelson den wohl wildesten Driver aller 24 Mann auf. Aber egal, das wird ein Punkt für Europa, sage ich mir, Geschenke soll man höflich annehmen.
Bryson DeChambeau sieht dann auch gar nicht glücklich aus auf dem Platz und liegt mit seinem „präzisen“ Partner nach nur 9 Bahnen sage und schreibe 7down. Das ist ungefähr so wie das Halbfinalergebnis von Brasilien gegen Deutschland bei der Fussballweltmeisterschaft 2014. Garcia/Noren können ihren Vorsprung selbst kaum glauben, lassen die Amerikaner noch ein wenig zappeln, ehe das ungleiche Match mit 5&4 noch gnädig endet. DeChambeau zieht enttäuscht von Dannen, Phil Mickelson winkt wie eigentlich immer umher, irgendwie hab ich das Gefühl, der Ryder Cup ist ihm total egal.
Überrollt werden auch die beiden guten Freunde Jordan Spieth und Justin Thomas. Gegen die Bromance von Molinari und Fleetwood ist kein Kraut gewachsen, es setzt ein saftiges 5&4. Doch es kommt noch schlimmer für Kapitän Jimbo und sein Team USA. Auch DJ und Rickie bekommen von Stenson/Rose eins aufs Dach und verlieren 3&2. Für den Brüller des Tages hatte DJ schon gesorgt, als er nach dem Vormittag doch tatsächlich sagte: „Rickie und ich passen gut zusammen. Wir verhalten uns auf- und abseits des Platzes ziemlich ähnlich.“ Gut zusammen passen Webb Simpson und Bubba Watson, aber auch das hilft wenig gegen Ian Poulter und den stärker werdenden Rory McIlroy. „Ich habe Rory gleich noch einmal rausgeschickt, weil ich wusste, dass er was gutmachen wollte.“ begründet Bjørn seine Entscheidung und liegt damit richtig. Das Ende vom Lied ist ein 4:0 für Europa. Wo man hinschaut leuchtet Blau, das Ding ist gedreht.
Jim Furyk wirkt ein wenig geschockt als er zur Freitagspressekonferenz erscheint. „Der Whitewash war nicht schön, aber es ist noch eine Menge Golf zu spielen.“ gibt er sich dennoch recht gelassen.
Wir singen den beiden ein Lied
Ausgelassen ist indes die Stimmung bei den europäischen Fans. Es wird gesungen, getanzt und mächtig auf die Pauke gehauen. Dank der Band 2 Unlimited (holländischer 90er Jahre Rumpabumpa, kurz Eurodance genannt) und ihrem Hit „No Limit“ haben Molinari/Fleetwood schon ihren eigenen Song und der geht so:
“TOMMY, TOMMY FLEETWOOD!!!”
— Ryder Cup Europe (@RyderCupEurope) 29. September 2018
“MOLI, MOLINARI!!”
(and repeat)#TeamEurope pic.twitter.com/nLhdTcyYEo
Fazit von Tag 1
Tag Eins des Ryder Cups ist im Kasten und war die beste Werbung, die man sich für diesen Sport nur vorstellen kann. Ein top Austragungsort, tolle Fans und grandioses Wetter, was will man mehr. Aus einem sportlich gesehen denkbar schlechten 1:3 Start haben die Gastgeber ein 5:3 gemacht.
Das ringt sogar Kapitän Thomas Bjørn ein seltenes Lächeln ab. Wenig Grund zur Freude haben die Amerikaner. Die Aufstellungen von Jim Furyk hinterlassen einige Fragezeichen. Zu diesem Zeitpunkt konnte allerdings noch niemand wissen, was sich hinter den Kulissen des Team USA so alles abgespielt haben muss.