Brooks Koepka — Der eiskalte Majorsammler
Kleines Ratespiel. Wer spielt momentan Golf vom anderen Stern und hat so 3 der letzten 6 Majorturniere im Golf gewonnen? Nein, die Antwort lautet nicht Brooks „Cupcake“, wie man ihn in den USA schon einmal an Tee 1 (siehe Tweet unten) eines Turniers angekündigt hat, sondern Koepka.
Doch wer ist eigentlich dieser Brooks, oder wie Tiger Woods ihn liebevoll nennt „Brooksy“ und wie zum Teufel schafft er es, trotz 3 so wichtigen Turniersiegen, immer noch von den vor allem amerikanischen Golfmedien geschnitten und kaum beachtet zu werden?
Einen ersten Anhaltspunkt liefert der Werdegang des 1,85 Meter großen und gut 100 Kilo schweren „Kühlschranks“ aus Florida. Nach der für die meisten Amis typischen Highschool und Collegeausbildung wird „Brooksy“ 2012 Pro. Doch versucht er sich anschließend nicht auf amerikanischen Kleintouren und dann der Web.com (erstes Minus) ins Rampenlicht zu spielen. Nein, Brooks Koepka goes Europe und zwar auf die Challenge Tour. „Ich hatte nicht viele Optionen als ich Pro wurde und so habe ich mich eben für diesen Weg entschieden.“ so Koepka und dann sagte er Sätze wie: „Die Zeit in Europa war die schönste und lustigste, die ich erlebt habe und dort Golf zu spielen, hat mir eigentlich mehr Spaß gemacht als hier auf der PGA Tour.“ Das freut einen dann natürlich, wenn die aktuelle Nummer 2 der Welt in Europa so eine gute Zeit hatte. Wen es wohl eher weniger freut, ist die heimische Golfpresse des Amerikaners. Besonders wenn man mit Sätzen nachlegt wie:
„In den USA hast du einfach eine Gruppe von 7–8 Leuten um dich und mit denen hängst du ab. Coaches, Fitnesstrainer, Freundin oder Frau und noch ein paar, aber das war es dann auch schon. Man trifft nicht ständig andere Leute zum Abendessen oder zum Fussball schauen.“
Hui denke ich mir da. Und dann wunderst du dich Brooks, wenn die amerikanischen Journalisten im eigenen Land nicht Schlange für ein Interview mit dir stehen? Gerne erwähnt Brooks Koepka auch, dass er sich nicht genug wertgeschätzt fühlt und dass ihm das aber eigentlich total Wurst sei. Doch so oft wie er das erwähnt, ist glaube ich eher das Gegenteil der Fall.
Vom Golf her erste Sahne
Schaut man sich die golferische Karriere von Brooks Koepka noch einmal kurz an, hat er zumindest da alles richtig gemacht. Die Challenge Tour wurde von ihm dominiert, sogar 3 Siege in einem Jahr konnte er feiern, die ihm die Qualifikation für Europas Beste einbrachten. Auf der European Tour ging es erfolgreich weiter und jetzt auf der PGA Tour. Als U30 Pro hat Koepka schon 3 Majortitel im Sack, dafür nur jeweils einen reguläreren Turniertitel auf den großen Touren. Das ist eine Hammerquote, der Mann weiß eben, wann es gilt sein Bestes zu geben.
Auf dem Platz lässt sich das Spiel von Koepka ganz einfach beschreiben: 300 Meter Drive, Wedge aufs Grün, Putt zum Birdie und weiter geht’s. Dürfte er nur 5–6 Schläger ins Bag nehmen, würde das kaum einen Unterschied machen. Die Leichtigkeit mit der Brooks Platz um Platz auseinandernimmt wirkt sich auch nicht gerade positiv auf sein Image aus. Als er im Vorjahr die U.S. Open, die ja bekanntlich nach seinem Sieger bei Level Par suchen, mit krachenden 16 unter Par gewann, galt das schon fast als Majestätsbeleidigung. Doch kommen wir nun zum springenden Punkt, warum es Brooks Koekpa völlig unbemerkt bis auf Rang 2 der Weltrangliste geschafft hat. Es ist seine Ausstrahlung, oder wie die Amerikaner sagen würden, seine Personality.
Koepka’s season certainly didn’t end the same way it started. No one could’ve predicted this outcome 🏆🏆: https://t.co/sMVh2f416j pic.twitter.com/PNzh5kgPZ9
— Golf Channel (@GolfChannel) 13. August 2018
Großgewachsen, breite Schultern, braungebrannt, gutaussehend wie ein Modellathlet kommt dieser Brooks Koepka daher. Eigentlich bringt er alles mit, was einen künftigen Superstar ausmachen könnte. Brooks wäre im American Football der perfekte Quaterback für die NFL und wahrscheinlich hätte er in dieser Sportart ebenfalls eine sehr steile Karriere hingelegt. Doch Koepka wurde Golfprofi, und das obwohl er laut eigener Aussage lieber was anderes gemacht hätte.
Am ersten Abschlag vorgestellt, verzieht Brooks keine Mine, tippt an sein Cap, um den meist spärlichen Applaus von ein paar Fans zu „appreciaten“ und legt los. Ob Birdie, Eagle, Par, Bogey oder Doublebogey, ob Traumschlag oder totaler Aussetzer (kommt eh nie vor), Brooks Koepkas Gesichtsausdruck ist immer der gleiche. Er verzieht keine Miene und bleibt cool. „Das ist seine große Stärke“ sagt Sfiefmutter Sherry stolz, aber es ist eben auch Brooks Koepkas große Schwäche.
Sympathisch aber zum Gähnen
Wenn man sich fast völlig emotionslos von Majortitel zu Majortitel spielt, die Ehre des letzten Putts zum Sieg, wie bei der 100. Ausgabe der PGA Championship gesehen, nicht achtet, dann sind die Fans halt auch nicht völlig aus dem Häuschen. Das letzte Major des Jahres war sowieso ein gutes Beispiel für Brooks Koepkas Dilemma. Er hat es am Ende wieder dominiert, den Platz im Bellerive Country Club mit seinem Spiel auseinandergenommen. Auch hat er eigentlich verdient gewonnen, aber interessiert hat das kaum jemand. Die Zuschauer waren am Finaltag zu 90% einem gewissen Tiger Woods in der vorletzten Gruppe gefolgt. „Außer meinem Team waren glaube ich alle für Tiger, und das ist auch gut so.“ fand Koepka und das zum Beispiel macht ihn dann irgendwie sympathisch.
Am Ende gewann Koepka auch wirklich nicht unverdient, im „Schattenflight“ mit Adam Scott spielend, sein schon drittes Majorturnier und ich gönne ihm den Titel wirklich. Die Chance, sich auch einmal eine Runde warmen Applaus abzuholen, hat Brooks aber auf der 18 total vergeigt. Dabei hätte ich ihm das vielmehr gegönnt. Als er den Tap-In Putt zum Sieg nicht markierte, sondern gleich zum Verdutzen der Zuschauer lochte, anstatt erst noch seinen Flightpartner fertig spielen zu lassen, habe nicht nur ich mich gewundert. „Ich wusste bei Adam ging es noch um viel, also wollte ich nicht im Weg sein.“, so Koepka, der eigentlich nur sich selbst im Weg war. Ok, wäre Adam Scott jetzt ein Newcomer und müsste jeden Dollar 5 mal umdrehen, um sich seinen Lebensunterhalt leisten zu können, dann hätte man das so machen können. Aber Adam Scott spielte um den dritten oder geteilten zweiten Platz und man sah ihm an, dass ihm das nach der verpassten Chance auf Majortitel Nummer 2 herzlich egal war. Adam Scott vergab den Putt übrigens kläglich, was die ganze Szene noch unnötig in die Länge zog.
Wenig später spazierte „Brooksy“ nach seinem Sieg im Bellerive Country Club unter mäßigem Applaus vom Grün, umarmte die Handvoll Leute, die auf seiner Seite waren (also sein Team + Freundin und Familie) und weg war er.
Und irgendwie tut er mir dann auch ein wenig Leid, dieser Brooks Koepka. Aufgrund seiner Erfolge, sollte man ihn schon jetzt zu den besten Golfern seiner Generation zählen. Aufgrund seiner „noch“ fehlenden Persönlichkeit wird er in der Golfwelt aber immer noch nicht richtig wahrgenommen. Wenn Brooks Koepka irgendwann einmal seine 6 Schläger an den Nagel hängt, wird man sich, so hoffe ich, an mehr erinnern, als an den eiskalten Majorsammler, als der er momentan dasteht.
Forever engraved on the U.S. Open trophy: Brooks Cupcake pic.twitter.com/3TWEvIN4XG
— Skratch (@Skratch) 18. Juni 2018