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Europa ist auch am zweiten Tag beim Ryder Cup 2018 nicht zu bremsen

Der Ryder Cup 2018 oder das Spektakel von Paris — Teil 2: Sunny Saturday

Stimmung wie beim Dfb Pokal 

Der Sams­tag ist so etwas, wie die per­fek­te Kopie vom Frei­tag. Das Wet­ter ist erneut bom­be und die Zuschau­er sind schon in den frü­hen Mor­gen­stun­den bei bes­ter Lau­ne. Eine Grup­pe von Kopf bis Fuß in Stars & Stripes geklei­de­ter Fans trägt tap­fer ein paar Songs vor. Dafür gibt es aus dem euro­päi­schen Lager höf­li­chen Applaus. Als Ser­gio Gar­cia und Rory McIl­roy Tee 1 betre­ten, geht zum ers­ten Mal die Post ab. Die Zuschau­er sin­gen „Seeeer­giooooo, Seeeeeeeeer­giooooooo“ und fei­ern den Spa­ni­er. Gar­cia genießt den Applaus in vol­len Zügen, hat er sei­ne Kri­ti­ker doch schon nach dem ers­ten Spiel­tag im Le Golf Natio­nal ver­stum­men las­sen. Ich gebe zu, dass auch ich ob der zuletzt eher schwa­chen Form ein Fra­ge­zei­chen hin­ter Ser­gi­os Nomi­nie­rung gesetzt hat­te. Aber genau wie der DFB Pokal, schei­nen der Spa­ni­er und ein gewis­ser Ian Poul­ter im Ryder Cup ihre eige­nen Geset­ze zu haben.

Fragen über Fragen 

Da die Par­tien für Sams­tag­mor­gen bereits am Frei­tag­abend fest­stan­den, sehe ich, was sich Jim Furyk nach dem White­wash hat ein­fal­len las­sen. Die Ant­wort lau­tet: NICHTS! Mit Koepka/Finau, Johnson/Fowler, Woods/Reed und Thomas/Spieth hat der Kapi­tän der Ame­ri­ka­ner qua­si Copy & Pas­te gedrückt. So etwas kann und wird nicht gut­ge­hen. Auch unter mei­nen ame­ri­ka­ni­schen Kol­le­gen macht sich Unmut breit: „War­um sind die „Bash Brot­hers“ für einen Vier­ball Best­ball getrennt und war­um spielt Reed eigent­lich nicht mit Spieth?“, will ich wis­sen. Als Ant­wort gibt es ein fast schon hilf­los wir­ken­des Schul­ter­zu­cken. Die Rech­nung für sei­ne frag­wür­di­ge Auf­stel­lung bekommt Jim Furyk nach gut 4 Stun­den prä­sen­tiert. Denn auch eines der wohl gru­se­ligs­ten euro­päi­schen Out­fits (Rostbraun/Beige) der Ryder Cup Geschich­te, hält Moli­wood & Co. nicht davon ab, die­ses schwä­cheln­de Team Ame­ri­ka zu vermöbeln.

Garcia/McIlroy gehen früh hoch in Füh­rung, strau­cheln zum Ende der Run­de, kön­nen den Vor­sprung aber ins Ziel ret­ten. Casey/Hatton, die am Vor­tag mit ihrem Score jedes Team außer Thomas/Spieth geschla­gen hät­ten nut­zen ihre Chan­ce auf Wie­der­gut­ma­chung. Johnson/Fowler wer­den mit 3&2 weg­ge­bü­gelt. Und Team Moli­wood? Die schwe­ben wei­ter auf Wol­ke sie­ben und las­sen dem müde wir­ken­den und qua­si allein spie­len­den Tiger Woods kei­ne Chan­ce. Sein Part­ner Patrick Reed fin­det Sams­tag­mor­gen über­haupt nicht statt und hat eine Streu­ung vom Tee, bei der selbst Phil Mickel­son vor Neid erblas­sen wür­de. Bei einem Zähl­spiel läge Reeds Score für die 18 Loch jen­seits von 80 Schlä­gen, was für ein Desaster.

Die­ses hat nun auch das kom­plet­te Team USA ereilt, denn es steht bereits 8:3 für „Euro­pe“ und der nächs­te White­wash droht. Damit haben die Euro­pä­er seit dem ers­ten Punkt von Molinari/Fleetwood doch tat­säch­lich 8 Matches in Fol­ge gewon­nen. Ich brau­che eigent­lich nicht erwäh­nen, dass das ein Rekord ist, aber ich tue es trotz­dem. Jus­tin Tho­mas und Jor­dan Spieth ist es zu ver­dan­ken, dass die USA nicht auch Match Num­mer 9 in Fol­ge ver­lie­ren. Sie bezwin­gen “Poults” und Jon Rahm auf der 17 und stel­len auf 4:8. Die eh schon blei­che Gesichts­far­be von Jim Furyk ist mitt­ler­wei­le bei 100% weiß ange­kom­men. Für den Nach­mit­tag hat er nur noch ein Ziel: „Stop the blee­ding.” (Das Blu­ten stoppen).

Zeit für Allerlei 

Doch jetzt ist erst ein­mal Pau­se und ich beschlie­ße bei dem tol­len Wet­ter einen Spar­zier­gang in Ryder Cup Vil­la­ge East nebst Mer­chan­di­se Zelt zu machen. Da mir auf dem Weg dort­hin eigent­lich jeder Zuschau­er mit einer dick gefüll­ten Plas­tik­tü­te ent­ge­gen kommt, wer­de ich ner­vös. Und wenig spä­ter schaue ich so rich­tig blö­de aus der Wäsche. Die graue Ryder Cap von New Era ist genau­so aus­ver­kauft wie die Beanie mit Le Natio­nal und das dun­kel­blaue Polo, das ich haben woll­te. Ein Ver­zweif­lungs­kauf kommt mir nicht in die Tüte, da ich das „neue“ Ryder Cup Logo (seit 2012) eh mit gemisch­ten Gefüh­len sehe. In Sachen Ein­kaufs­lau­ne sind die euro­päi­schen Fans jeden­falls auf bes­tem Wege, es ihren „Vor­bil­dern“ aus den USA nachzumachen.
Mei­ne Lau­ne ist bes­tens, denn mich erwar­tet ein Cro­que Mon­sieur im Media­zelt. Auf dem Weg dort­hin begeg­ne ich einer Tiger Fami­lie. Papa und Sohn sind voll­kos­tü­miert aus D.C. ange­reist, Respekt!. Genau­so wie vor den in blau­gelb geklei­de­ten Guar­di­ans of the Cup. Die bri­ti­sche Fan­grup­pe unter­hält die Zuschau­er jeden Ryder Cup mit eige­nem Lied­gut und sorgt für gute Stim­mung. Ich mache ein Sel­fie mit Sir Nick Fal­do, der hin­ter der Tri­bü­ne 1 wie ein ganz Nor­mal­sterb­li­cher ein paar Ryder Cup Sou­ve­nirs ein­kauft. Dann noch mit den Guar­di­ans und den Tigern. Es fol­gen der Cro­que Mon­sieur mit gefühlt 2000 Kalo­rien und dann die Nachmittagsmatches.
Auf der Tri­bü­ne gibt es eine Über­ra­schung. Für den Nach­mit­tag ist Satu aus Finn­land als Mar­shall ein­ge­teilt, die Chan­ce sie zu tref­fen liegt bei ca. 4000:1. Wir her­zen uns und lachen über den Zufall, da wir uns eine Woche zuvor noch auf Face­book in Sachen Ryder Cup geschrie­ben hat­ten. Satu ist eine gute Gol­fe­rin, und lei­den­schaft­li­che „Vol­un­teu­se“ bei gro­ßen Gol­fe­vents. Ein Inter­view mit ihren Insights wird es auf die­ser Sei­te bestimmt auch irgend­wann ein­mal geben.

© HTR (5)

Sel­fie-Time mit Son­nen­bril­le (ja ich weiß.….) und Satu aus Finn­land, Sir Nick Fal­do, den Tigern, und den Guar­di­ans of the Cup. Dazu ein­mal die Mons­ter-Rekord-Tri­bü­ne auf Tee 1 aus einer ande­ren Per­spek­ti­ve, näm­lich von innen.

Dicker Vorsprung 

Gemein­sam bestau­nen wir den ers­ten Auf­tritt der „Bash Brot­hers” (end­lich), die aber nicht wie bes­te Kum­pels, son­dern etwas unter­kühlt wir­ken. Am spä­ten Abend erfah­re ich zumin­dest, wie sich die hän­gen­den Schul­tern des 3‑fachen Major­sie­gers Brooks Koep­ka erklä­ren lie­ßen. Ein ver­zo­ge­ner Dri­ve von Brooks hat­te am Frei­tag eine Zuschaue­rin ins Auge getrof­fen und ihr wohl für immer die Seh­kraft genom­men. Sicht­lich bestürzt erkun­dig­te sich der Ame­ri­ka­ner nach ihrem Befin­den, konn­te den Vor­fall aber logi­scher­wei­se nicht ein­fach aus den Kla­mot­ten schüt­teln. Der von mir so freu­dig erwar­te­te Auf­tritt von Koepka/Johnson ist eine Ent­täu­schung.  Die Longhit­ter ver­lie­ren 2&1 gegen die Gigan­ten Rose/Stenson, Punkt 9 für Euro­pa ist im Kas­ten. Etwas über­ra­schend müs­sen sich anschlie­ßend Garcia/Noren den Exo­ten Bub­ba Wat­son und Webb Simpson mit 3&2 geschla­gen geben, ehe Team Moli­wood wie­der an der Rei­he ist. Der schon bemit­lei­dens­wer­te Tiger Woods darf sich ein drit­tes Mal mit dem Dream­team mes­sen und bringt mit Bry­son DeCham­beau immer­hin einen neu­en Part­ner zur Schlacht­bank mit. Mehr als 14 Bah­nen aber bekommt der Roo­kie an der Sei­te von Tiger nicht zu sehen, die­ses 5&4 tat sicher rich­tig weh. Mit dem 10. Punkt auf Euro­pas Haben­sei­te ist es zum Abschluss wie­der an Thomas/Spieth den Scha­den in Gren­zen zu hal­ten. Wie gut die bei­den Spezln gera­de im Vie­rer har­mo­nie­ren, davon konn­te man sich Sams­tag­nach­mit­tag über­zeu­gen. Poulter/McIlroy lie­gen zwar nach zwei Bah­nen bereits 2up, haben anschlie­ßend aber kei­ne Chan­ce mehr. Von der 5 bis zur 15 lochen Spieth/Thomas so ziem­lich alles und spie­len 5 unter Par. Das ist für einen klas­si­schen Vie­rer außer­ir­disch und nicht ein­mal von Ian Poul­ter und Rory McIl­roy zu top­pen. Das Blu­ten der USA ist gestoppt, der Vor­sprung von Euro­pa nach den bei­den Vie­rer­ta­gen mit 10:6 aller­dings gewaltig.

Sonntag geht die Post ab 

Es ist aber auch ein trü­ge­ri­scher Vor­sprung, den die Ame­ri­ka­ner beim Heim­spiel 2012 in Medi­nah zum Bei­spiel nicht ins Ziel brin­gen konn­ten. Auch des­halb gibt sich Jim Furyk bei der PK noch zuver­sicht­lich. Dazu kommt, dass die Ame­ri­ka­ner seit jeher die bes­se­ren Ein­zel­spie­ler haben. Für Span­nung ist jeden­falls gesorgt, und ein Blick auf die 12 Ein­zel für den Sonn­tag ver­spricht zusätz­li­che Brisanz.

Tho­mas Bjørn ist natür­lich zufrie­den, aber auch er mahnt zur Vor­sicht und will den Tag nicht vor dem Abend loben. Wenn es am Sonn­tag aber kein Desas­ter auf euro­päi­scher Sei­te gibt, haben wir das Ding im Sack.